Galerie Fähnle – beendete Ausstellungen

26. Mai – 8. September 2019

Fähnle/Palm

Nachbarschaften

Die Sommerausstellung 2019 in der städtischen Galerie Fähnle lässt mit Werken des Malers Hans Fähnle (1903-1968) und des Architekten Heinrich Palm (1888-1979) ein Stück städtischer Kulturgeschichte der 1920er bis 1960er Jahre lebendig werden, als im Osten der Stadt auf dem sogenannten Hungerhügel die „Boheme am Bodensee“ (Manfred Bosch) siedelte und hier im Westen, so die These, das bürgerliche Pendant dazu: Religionsphilosoph Ziegler, die Komponisten Wetzel, Lahusen, die Kunsttheoretiker Badt und Scheffer, die Künstler Hans Fähnle und Heinrich Palm… Welchem Umstand war diese ungewöhnliche kulturelle Dichte zu verdanken? Dem milden Klima, dem Blick auf den See? Pflegte man nachbarschaftlichen, freundschaftlichen, auch fachlichen Austausch? Und welche Spuren hat diese frühe Form einer „Creative Class“ hinterlassen?

Als 2017 das Archiv des 1979 verstorbenen Überlinger Malers und Architelden Heinrich Palm gesichtet wurde, entstand schon früh der Wunsch, dieses überaus reichhaltige Material in einer Ausstellung zu präsentieren: Unzählige Aquarelle und Grafiken von eigener Hand, aber auch Tauschware von Freunden und Kollegen aus der Künstlervereinigung „Der Kreis“, und vor allem diese meisterhaften Pläne von knapp 200 Architekturen, die er ab den 1930er Jahren hier am Bodensee realisiert hat.

Der bei Berlin geborene Palm befand sich 1920 auf dem Heimweg aus französischer Kriegsgefangenschaft, als er in Überlingen, wie zahlreiche andere Kulturschaffende dieser Zeit auch, „hängen blieb“ (Victor Mezger). Die Galerie des Malers Hans Fähnle von 1968/69, noch geplant in dessen Todesjahr von einem Architekten aus dem Büro Palm, markiert den Abschluss einer Epoche: Bürgerliche Kultur im Überlinger Westen. Die Jahre zwischen 1920 und 68.

Heinrich Palm
Biografische Daten

Heinrich Palm, geboren 1888 in Plaue an der Havel (heute Teil der Stadt Brandenburg). Studium der Architektur an der Baugewerbeschulein Frankfurt/Oder(?) und an der Königlich Technischen Hochschule zu Berlin Charlottenburg. Erste Bauten in Berlin. Freiwilliger im 1. Weltkrieg, lange Gefangenschaft. Seit 1920 in Überlingen als Maler ansässig, Mitglied in der Künstlervereinigung „Der Kreis“, 1928 Wiederaufnahme der Architektentätigkeit, bis in die 60er Jahre hinein Planung und Realisierung einer Vielzahl vor allem von Wohnbauten im unverwechselbaren Stil.
Ehrenmitglied und langjähriger Präsident des Tennisklubs Überlingen. Gestorben 1979 in Überlingen.

Hans Fähnle
Biografische Daten

Hans Fähnle, geboren 1903 in Flein. Studium u.a. an der Akademie Stuttgart und an den Vereinigten Staatsschulen für Freie und Angewandte Kunst Berlin. Wanderjahre. 1932 Bau des elterlichen Hauses in der Goldbacher Straße (inzwischen abgerissen) in Überlingen. Von da ab häufige Aufenthalte in Überlingen. Lebensmittelpunkt ab 1935 in Stuttgart, Wohnung und Atelier im Atelierhaus Ameisenbergstraße. 1941-45 Soldat. 1947 Mitbegründer und Lehrer für Malerei der Freien Kunstschule Stuttgart. Mitglied des Künstlerbundes Baden-Württemberg und der Künstlervereinigung Freie Gruppe Stuttgart.
Kurz nach seinem Tod 1968 in Stuttgart lässt sein Bruder Ernst die Galerie in Überlingen errichten und vermacht sie 1975 der Stadt Überlingen. Eintrag ins Denkmalbuch 2015.